Füttern mit der Grassilage 2022

Stand: 09/09/2022
Die Grassilagen in Rheinland–Pfalz weisen beim 1. Schnitt zufriedenstellende Energie- und niedrige Proteingehalte aus. Birgit Köppchen vom DLR Eifel erläutert anhand einer Beispielration, wie eine bedarfsgerechte Milchkuhfütterung für 30 kg Milch gelingen kann.

Die Silagen:
Die Grassilage 1. Schnitt 2022 hat durchschnittlich 392 g Trockenmasse (TM) /kg FM und 6,3 MJ NEL (Ziel: ≥ 6,3 MJ NEL/kg TM). Der Rohproteingehalt von Ø132 g/kg TM ist unter Berücksichtigung der Zielwerte von 160 bis 180 g unbefriedigend. Nährwerte und Energiegehalt der Maissilage sind geschätzt. Eine mäßige Qualität von 6,4 NEL MJ und 280 g Rohstärke/kg TM wurde angenommen. Die Bestände variieren aufgrund der extremen Trockenheit je nach Standort und Niederschlag von normalem Aufwuchs bis hin zu stark dürregeschädigten Pflanzen. Die ersten Maisflächen wurden bereits Mitte August gehäckselt.

Rationsbeispiel:
Ziel ist es, Kühe einfach zu füttern. Einfach bedeutet, keine komplizierten Rationen mit vielen verschiedenen Komponenten und Sonderfuttermitteln. Die Pansenbakterien danken konstante Rationen, die sich im Jahresverlauf höchstens durch verschiedene Grassilagen ändern, indem sie reibungslos bei guter Tiergesundheit arbeiten. Das Rationsbeispiel zeigt die Trogration einer Teil-TMR, die den Bedarf für durchschnittlich 30 kg Milch/Tag deckt. Höhere Leistungen werden mit einem nach Energie und Protein ausgeglichenen 19/4er Milchleistungsfutter bis maximal 5 kg je Kuh/Tag ausgefüttert (Tabelle 2). Rechnerisch sind so 37,4 kg Milch nach Energie und 39,8 kg nach nutzbarem Protein am Darm (nXP) möglich. Gefüttert werden 60% der Grundfutter-Frischmasse aus Grassilage und 40% aus Maissilage. Das Einmischen von Stroh oder Heu zur Strukturversorgung ist nicht erforderlich. Als Energiefutter kommt Weizen zum Einsatz, der idealerweise gereinigt und dessen Futterwert durch eine Laboranalyse bekannt ist. Zum Proteinausgleich und zur Stickstoffversorgung im Pansen wird Rapsextraktionsschrot und geschütztes Rapsextraktionsschrot sowie Futterharnstoff eingemischt. Mineralfutter, Futterkalk und Viehsalz runden die Ration ab. Ein qualitativ hochwertiges 19/4er Milchleistungsfutter wird leistungsabhängig zugeteilt. Qualitativ hochwertig bedeutet, das Futter besteht aus Körnermais, geschütztem und normalen Rapsextraktionsschrot, Melasseschnitzel, sowie Weizen- und Maiskleberfutter.

Futterharnstoff - Einsatz dokumentieren
Futterharnstoff gilt futtermittelrechtlich als Zusatzstoff. Der Einsatz ist zu dokumentieren. Die entsprechenden Vordrucke sind bei den DLR erhältlich. Das Einmischen in eine Vormischung, z.B. in Getreideschrot wird empfohlen, um eine möglichst gleichmäßige Verteilung zu erreichen. Dies ist zwingend erforderlich, da eine Überdosierung zu schweren gesundheitlichen Störungen bei den Tieren führen kann. Die Verfütterung an Kälber ist aufgrund des nicht vollständig entwickelten Pansens untersagt.

Eiweißfutter sparen – Futteraufnahme und Michharnstoff kontrollieren:
Die Preise für Eiweißfuttermittel zwingen noch dringender als bisher zum Fütterungscontrolling. Die Daten zur Futteraufnahme und der ermolkenen Milchmenge je Kuh/Tag sind mit der Rationszusammensetzung, sowie MLP- und Tankmilchdaten abzugleichen. Während bislang der Rohproteingehalt einer Ration im Fokus stand, weiß man inzwischen, dass stickstoffreduzierte Rationen funktionieren, sofern der nXP-Gehalt (nutzbares Protein am Dünndarm) den Bedarf deckt. Deshalb lohnt bei den Proteinergänzern ein Blick auf diese Kenngröße. Der Kostenvergleich zwischen den Futtermitteln sollte auf Rationsbasis erfolgen. Proteinfutter mit höheren nXP Werten tragen häufig den Begriff „geschützt“ im Namen. Gehalte mit etwa 240g/kg nXP werden durch spezielle Behandlungsmethoden, die den Abbau im Pansen vermindern, erreicht. Leider fehlen entsprechende Angaben auf den meisten Deklarationen und müssen beim Hersteller erfragt werden. Wie hoch der nXP Gehalt pro kg Trockenmasse in der Ration sein muss, hängt unter anderem von einer der wichtigsten Kenngrößen in der Fütterung, der Trockenmasseaufnahme ab. Für 30 kg Milch sind beispielsweise mindestens 151 g nXP/kg TM erforderlich, sofern die Kuh 20 kg Trockenmasse/Tag frisst. In der Summe stehen ihr 3.020 g nXP zur Verfügung. Eine Steigerung der Futteraufnahme auf 22 kg würde das Absenken des nXP Gehaltes/kg TM auf 137 g ermöglichen (3.020 g nXP/22 kg TM = 137,2 g nXP/kg TM). Leider ist die Futteraufnahme in vielen Betrieben eine unbekannte Größe. Dabei ist sie einfach zu ermitteln (Tabelle 1) und verschafft hinsichtlich der Rationsgestaltung einen enormen Informationswert. Bei Kühen mit einer durchschnittlichen Milchleistung von 30-35 kg Milch wird eine Trockenmasseaufnahme zwischen 19 und 23 kg angestrebt. Der Milchharnstoffgehalt, als weiteres Kontrollinstrument um Eiweißfutter zu sparen, sollte bei 150-250 mg/l liegen. Das Optimum bewegt sich zwischen 180-220 mg/l Milch. Die Tankmilchdaten sind dahingehend alle zwei Tage zu überprüfen. Insbesondere nach Rationsumstellungen sind sie im Blick zu halten. Der Milchharn­stoffgehalt reagiert sofort auf Änderungen oder Ungenauigkeiten in der Fütterung.

Mineralfutter ohne Phosphor:
Die Analyse der Mineralstoffe in den Grundfuttermitteln gehört zum Standard und hilft, teueres Mineralfutter zu sparen. Wird, wie in unserem Rationsbeispiel dargestellt, zusätzlich leistungsabhängig ein mineralisierte Milchleistungsfutter gegeben, ist diese Mineralstoffergänzung einzurechen. Getreide und Rapsextraktionsschrot liefern viel Phosphor, so dass oftmals der Einsatz eines preisgünstigeren, phosphorfreien Mineralfutters möglich ist.

Wasser - Optimierung TS-Gehalt:
Die Beispielsration enthält 5 Liter Wasser/Kuh/Tag. Dadurch wird der TS-Gehalt von 44 auf knapp 40 % reduziert und selektives Fressen erschwert. Der Trockensubstanzegehalt einer Ration liegt idealerweise zwischen 38-42%. Die Kühe sind langsam durch Zugabe von Teilmengen an Wasser und Steigerung bis zur Maximalmenge daran zu gewöhnen. Im Sommer erhöht die Wasserzugabe die Gefahr der Nacherwärmung am Trog. Zur Stabilisierung können Säuren wie z.B. Propionsäure mit 3 Liter/t Frischmasse eingemischt werden. Alternativ kann das in der Regel preisgünstigere und nicht korrosive Kaliumsorbat mit 0,4 kg/t Frischmasse zudosiert werden. Kaliumsorbat muss allerdings aufgelöst (0,4 kg in 5-10 Liter Wasser) und über Nacht angesetzt werden.

Beispielration - Kosten:
Die Futtermittel und deren Preise sind in Tabelle 2 aufgeführt. Die Preise für Gras- und Maissilage entsprechen den Vollkosten aus den Milcherzeugerberatungsringen Rheinland-Pfalz und Saarland (Quelle: BZA-Rind 2021). Beim eigenen Getreide sind zusätzlich Mahl- und Mischkosten berücksichtigt. Alle übrigen Preise (ohne MwSt.) wurden Marktberichten entnommen oder beim Handel (Mitte August 2022) erfragt. Die Trogration kostet 4,86 €/Kuh/Tag bzw. 16,19 ct/kg Milch. Sie reicht für 30,1 kg Milch nach Energie und 32,0 kg nach nXP.

Tabelle 1: Futteraufnahme ermitteln
Futtervorlage: Mengen aus Futtermischwagen übernehmen (ggf. Kraftfutter addieren)
Futterreste: z.B. mit Hofladerschaufel alle 14 Tage wiegen (zwischendurch schätzen)
TS-Gehalt der TMR messen (Heißluftfritteuse, Dörrapparat)
Frischmasseaufnahme (kg) = Futtervorlage-Futterreste
TS-Aufnahme (kg) = Frischmasseaufnahme (kg) x TS-Gehalt (%)

    Quelle: Kompetenzzentrum Milch Schleswig-Holstein, Uni Kiel

Tabelle 2: Rationsbeispiel (Preise o. MWST, Mitte August 2022)
Futtermittel
€/dt FM
(außer Silagen)
Teil TMR Trog
kg FM
Teil TMR Trog
+5 kg MLF
kg FM
Grassilage 1)
21,10 (dt/TM)3)
24,0
22,0
Maissilage 2)
13,80 (dt/TM)3)
16,0
14,7
Weizen4)
28,00
2,8
2,5
Rapsextraktionsschrot
36,00
1,0
0,9
Rapsextraktionsschrot, geschützt
39,00
2,0
1,8
Futterharnstoff
90,00
0,07
0,06
Futterkalk
13,80
0,02
0,04
Viehsalz
18,50
0,06
0,06
Mineralfutter (24/0/10/5)
75,00
0,12
0,11
Wasser
0,19
5,0
4,6
Milchleistungsfutter 19/4 6)spezial
42,55
-
5,0
kg TM-Aufnahme
20,4
23,1
kg Milch nach Energie
30,1
37,4
kg Milch nach nXP5)
32,0
39,8
Cent je kg Milch
16,19
16,87
€/Kuh/Tag
4,86
6,58
g Kraftfutter/kg Milch
202
282
TM=Trockenmasse, FM=Frischmasse
1) 39,2 %TS, 6,3 MJ NEL/kg TS
2) 35 %TS, 6,4 MJ NEL/kg TS, 280 g Stärke/kg TS
3) Vollkosten BZA-Rind 2021, Rinderreport Rheinland-Pfalz, Saarland, Betriebszweigauswertung der Milchviehberatungsringe
4) mit Mahl- und Mischkosten
5) nXP = nutzbares Protein am Darm
6) 185 g nXP, 1 g RNB, 7,0 MJ NEL/kg FM

Tabelle 3: Kennwerte Rationsbeispiel mit 5 kg Milchleistungsfutter:
Kennwerte/kg/TMRationsbeispielSoll bei 38 kg/Tag
NEL MJ
6,9
> 6,9
nXP g
166
mind. 160
RNB g
4,4
0 - 30
Zucker g
62
<75
Abbaubare Stärke/Zucker g
204
125 - 250
Beständige Stärke g
39
20 - 50
Rohfaser g
178
160 – 180


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Birgit.Koeppchen@dlr.rlp.de